Schweizer Politiker/innen behaupten ständig die Arbeitsbedingungen von Prostituierten verbessern zu wollen, dabei ist das Honorar nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht einmal einklagbar- wegen "Sittenwidrigkeit". Kein Wunder denken sich gewisse Kunden, sie könnten sich mit uns alles erlauben (Stichwort Fake-Buchungen und Zechprellerei) wenn sogar das Bundesgericht dahinter steht. Ich frage mich, wie die ausführliche Begründung dazu wohl aussieht? Um mal polemisch zu werden: Ich kann mir vorstellen, dass da gewisse Richter gerne Sexarbeiterinnen verarschen und gewisse Richterinnen insgeheim von Missgunst getrieben werden..
Die FDP-Frauen haben diesen stossenden Misstand erkannt und fordern die Rechtsprechung heraus Eine Frage, die Gegner nun einbringen werden (unter anderem mit der insgeheimen Absicht, Prostituierte weiterhin unten zu halten) ist vermutlich, ob auch die Dienstleistung nach Bezahlung einklagbar sei. Natürlich nicht- es könnte lediglich der Betrag zurückgefordert werden.
Die Juso hatte sich bereits im August in Zürich mit Plakaten für die Gleichstellung von Sexarbeiter/innen bekannt, tatsächliche Verbesserungsvorschläge scheiterten wohl an der Unkenntnis der Materie. So warb die Juso für die "Entkriminalisierung" der Prostitution, obwohl es überall in der Schweiz legal ist. Ich hoffe sie unterstützt nun diese wichtige, konkrete Verbesserung.
@Mädchenmannschaft: Vielen Dank für die Verlinkung. Ich habe auch die Kritik zur Kenntnis genommen, deshalb möchte ich erläutern weshalb ich auf die Idee komme dass eventuell Missgunst hinter der Sittenwidrigkeit steckt: Ich hatte bereits zahlreiche Diskussionen mit Frauen, welche gegen die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Prostituierten waren, und zwar begründeten diese es damit, dass es schlecht für die Prostituierten sei und zur "Bagatelliesierung" führen würde.
Im Laufe der Diskussionen stellte sich aber heraus, dass sich hinter der vermeintlichen Sorge um das Wohl der Prostituierten die Angst um sexuellen Machtverlust verbarg, in dem Sinne dass Männer mehr Optionen zum Fremdgehen haben falls sie dies wollen. Das klingt zwar zunächst nach einem schlechten Klischee, und ich möchte es selbst gar nicht glauben, aber leider hat es immer wieder bestätigt. Persönlichen Erlebnisse begründen natürlich keine allgemeingültigen Tatsachen, lassen aber erfahren was durchaus möglich ist. Ich schliesse nicht aus, dass selbst Richterinnen anderweitige Motive haben könnten, vielleicht auch unbewusst. Ich frage mich also, was denn sonst das Motiv sein könnte, Prostituierten den Rechtsweg zu verweigern. Ist es die Angst vor "Normalisierung"? Wenn ja, wie kann denn die Abwehr dagegen wichtiger sein als die Rechte von realen Menschen?
Nicht zu vergessen ist, dass ich auch Richtern (welche wohl die Mehrheit im Bundesgericht ausmachen?) mögliche Hintergedanken unterstellt habe. Empfindet ihr dies als weniger problematisch als wenn Frauen anderweiteige Motive angelastet werden?
7 Kommentare:
tres interessant, merci
In Deutschland wurde die Sittenwidrigkeit ja schon etwas länger aufgehoben, aber ich bezweifele, dass da viele Beträge eingeklagt werden. Es ist doch eher ein Vorauszahlungsgeschäft.
Ja, ist eher ein Vorauszahlungsgeschäft. Es geht vor allem um Aufwendungen für ausgefallene Dates. Es gibt viele Männer die es lustig finden Sexarbeiterinnen weite Wege fahren zu lassen und ihre Zeitfenster blockieren, um nachher gar nicht aufzutauchen. Der Verlust kann dabei ziemlich hoch werden. Mir sind einige Deutsche/Österreicherinnen bekannt, welche anschliessend rechtlich vorgehen oder dies zumindest androhen, und damit Erfolg haben.
Ausserdem finde ich die Message wichtig. Dass Sexarbeiterinnen ihr Honorar nicht einklagen können ist ein klarer Entscheid gegen ihre Respektierung. Auch gibt es einen Wertungswiderspruch. Prostitution wird angeblich unter der Wirtschaftsfreiheit geschützt, aber das Honorar kann nicht eingefordert werden?
Tja, typisch Politiker...viel Reden und nichts machen, oder wenn was gemacht wird etwas das schadet weil man über das ganze eigentlich keine Ahnung hat. Ausnahmen wie die FDP-Frauen bestätigen die Regel.
So negativ würde ich das nun auch nicht sehen. Praktikable Lösungen zu Erarbeiten ist eine grosse Herausforderung, vor allem in diesem Bereich wo verschiedene Interessensgruppen äusserst emotional agieren und Fakten nur schwer erhebbar sind.
@Sina: Ich habe vor kurzem per Zufall deinen Kommentar auf der Webpage der Juso Unterland gelesen und fand so auch hierher.
Wie ich in der Medienmitteilung nachlesen konnte gab es auch von der Juso Versuche im Kantonsrat auf parlamentarischem Wege etwas zu erreichen. In der unten verlinkten Medienmitteilung ist unter anderem auch das Problem der Sittenwidrigkeit erwähnt, die verhindert, dass Sexarbeiterinnen im Fall der Fälle die Ihnen zustehende Bezahlung einklagen könnten.
http://unterland.juso.org/files/100811_Medienmitteilung_Prostitution.pdf
Der Vorstoss der FDP-Frauen scheint nun in die gleiche Richtung zu gehen und da du dich offensichtlich mit dem Thema auseinandersetzt, wollte ich mal direkt bei dir nachfragen, ob du weisst, ob und was aus diesem Vorstoss geworden ist? Möglicherweise ist es dafür aber noch zu früh.
Natürlich schreibe ich nicht nur desswegen, sondern es geht mir darum Informationen und womöglich bereits konkrete Lösungsansätze in Erfahrung zu bringen, oder diese auszuarbeiten, wofür es wiederrum ein gewisses Mass an Informationen braucht.
Ich selbst bin Juso-Mitglied und bin ~ wie schon erwähnt ~ eher zufällig auf deinen Kommentar gestossen. Zwar bin ich nicht unbedingt einer der aktivsten in der Partei, aber ich bin gelegentlich an den Versammlungen und kenne dort natürlich auch einige Mitglieder.
Lange Rede kurzer Sinn: Da ich von diesem Gewerbe weder als Kunde noch als Anbieter eine Ahnung habe, hoffe ich auf Informationen von einem "Insider", die dabei helfen würden, die momentanen Probleme in diesem Bereich anzugehen.
Ich denke mal in der Juso wirds da noch einige andere haben, die das unterstützen würden. Immerhin sagt die Juso von sich selbst, dass sie für die Rechte der Arbeitnehmer eintreten und da macht es wohl keinen Unterschied in welchem Gewerbe diese tätig sind.
Desweiteren hiess es ja auch, dass diese Kampagne im August lediglich der erste Schritt sei. Es ist also zu hoffen, dass dies nicht nur leere Worthülsen waren.
Vielleicht besteht ja die Möglichkeit, dass wir uns über E-Mail oder ein anderes Medium austauschen könnten.
Ich kann natürlich nichts versprechen und wie es in den Mitteilungen den Anschein hat, ist einiges an Lösungsvorschlägen bereits vorhanden, aber möglicherweise scheiterts halt doch vor allem am Widerstand der eher konservativen Kräfte.
PS: Es wird zwar von einer "Entkriminalisierung" gesprochen, allerdings wird im Text erwähnt, dass Prostitution durchaus legal ist.
Das ist/war vielleicht etwas irreführend.
Zitat:
"Obwohl in der Schweiz legal, werden den Prostituierten ihre Rechte als ArbeiterInnen aberkannt."
Hallo Jansi,
Ich weiss nichts neues über die Pläne der FDP, wenn ich über einen Artikel darüber stolpere verlinke ich es in diesem Post.
Wenn du Konkrete Fragen hast, kannst du mir gerne per Email schreiben: sinamore@hotmail.de. Allerdings bin ich auch keine Expertin, kenne mich persönlich nur im Bereich des Escort aus. Für weitere Fragen könnten dir eventuell die Moderatoren im Sexworker-Forum weiterhelfen, welche einen breiteren Einblick haben (unbedingt Forenregeln Lesen, falls du etwas posten möchtest!)
Zum Schluss: Vielen Dank für dein Engagement!
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