Dienstag, 25. Januar 2011

Secret Diary of a Call Girl

..eine Serie, die vielfach kritisiert worden ist, Prostitution zu verherrlichen. Dabei wird völlig übersehen, dass die Serie nur EINE Art der Sexarbeit zeigt. Sie zeigt den Alltag eines Callgirls, das im oberen Preissegment tätig ist.



Auch von Sexworkern ist die Realitätsferne kritisiert worde. Ich finde die heftige Kritik nicht berechtigt. Die Serie zeigt viele realistische Probleme, die Hannah/Belle beim Ausüben ihres Jobs antrifft: Geldgierige Agenturleiterinnen, unattraktive Kunden, die Belastung durch das Doppelleben, gefährliche Situationen mit Kunden, ein eifersüchtiger Freund, Anfeindung durch "die Gesellschaft", Gewissensbisse, Konfrontation mit Klischees und Stigma, verletzende Kritik durch Kunden, die Gefahr in einen Konsumrausch zu verfallen, die Unzufriedenheit bei Aufnahme eines anderen Jobs..nur ein Punkt, der nicht gezeigt wird und doch sehr häufig vorkommt: Fake-Bucher, welche die Zeit von Escorts verschwenden.

Zugegeben, Escort wird glamourisiert: Hannah/Belle ist äusserst attraktiv und stilvoll. Aber ist High-Class-Escort denn nicht in der Realität auch so? "Glamourös" bedeutet schliesslich nicht, dass hinter der glitzernden Fassade nicht Einsamkeit und Leere lauern KANN (wobei dies nicht der Fall sein muss. Menschen, die diesen Lebensstil verurteilen sind wohl eher selbst unzufrieden und gönnen es anderen nicht, materiellen Wohlstand und auch noch ein erfülltes Innenleben zu haben, weshalb sie dieses anderen absprechen).

Der Vorwurf, die Serie verleite Frauen dazu sich als Escort zu versuchen, kann ich wiederum bestätigen. Bevor ich sie geschaut hatte, kannte ich hauptsächlich das negative, stereotypische Bild von Prostitution, welches die Mainstream-Medien vermitteln: Elend, Erniedrigung, Drogen. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass es doch nicht nur so sein kann, verspürte immer eine gewisse Faszination für diese Thema, das über den üblichen Voyeurismus hinausgeht. Diary of a Call Girl verleitete mich dazu, mehr über Sexarbeit zu recherchieren und mir somit ein ausgewogeneres Bild zu machen. Auch hier besteht die Gefahr, einen neuen Stereotyp zu schaffen- nämlich dass alle Prostituierten ihren Job ganz toll finden und in Luxus schwelgen. Dies ist natürlich ebenso falsch wie die Annahme, die Mehrheit der Prostituierten seien drogensüchtige Elendsgestalten. Wer jedoch halbwegs intelligent ist und nicht nur in Schwarz-Weiss Kategorien denken kann, wird sich aus allen Informationen ein differenziertes Bild machen können, das der Realität am nächsten liegt.