Donnerstag, 17. Dezember 2009
Internationaler Tag gegen Gewalt an Sexarbeiter/innen
Heute ist der internationale Tag gegen Gewalt an Sexarbeiter/innen. Er wurde von Dr. Annie Sprinkle und dem "Sex Workers Outreach Project USA (Swop)" als Gedenktag für die Opfer des Green River Mörders initiiert. Seitdem hat es sich zu einem jährlichen Event entwickelt, bei dem auf die Diskriminierung und Gewalt gegen Sexarbeiter/innen durch Gesetze, Polizei und Privatpersonen aufmerksam gemacht wird.
Montag, 7. Dezember 2009
Medienbombe ohne Inhalt
In letzter Zeit war das Thema Prostitution in den Medien sehr präsent. Leider wurde in keiner Sendung die Chance wahrgenommen, seriös darüber zu diskutieren.
Sex nach 9 ist eine Websendung, wo die Zuschauer Abstimmen können, welches Thema als nächstes besprochen wird. Dann können sich Leute melden, welche per Telefon mit dem Moderator darüber sprechen wollen, und Personen auf der Strasse werden befragt. Es kam dann auch Sonia Rossi, die Autorin von "Fucking Berlin" zu Wort, sowie eine Hobbyhure und ein Callboy. Viel schlauer ist man nach der Sendung nicht- man hört nur die Anekdoten einzelner Beteiligter. Was mir fehlte war der kritische Diskurs. Es gibt in der Prostitution Probleme, das ist nicht abzustreiten. Dies wurde jedoch kaum Thematisiert, schlussendlich wurde nur der Voyeurismus befriedigt. Das einzige was für einige Leute vielleicht überraschend kam ist, dass es neben dem Klischee der drogensüchtigen, aussätzigen Prostituierten auch viele normale, "bürgerliche" Frauen gibt, welche dieser Tätigkeit nachgehen. Aber jeder, der nicht völlig hinter dem Mond lebt weiss dies bereits.
Wer mich jedoch beeindruckte war die ältere Passantin, welche nach ihrer Meinung zur Prostitution befragt wurde. Zunächst wirkte sie etwas streng, doch dann sagte sie ganz selbstverständlich: Wenn es freiwillig gemacht wird und beide zufrieden sind ist doch gut. Was den Menschen Freude macht kann doch nur richtig sein.
Als Vorbereitung zur Sendung wurde eine Online-Umfrage über Paysex unter den Lesern durchgeführt. Das Ergebnis überraschte: "Jede Siebte der Befragten jobbte schonmal als Hobby-Hure". Das erscheint mir schon etwas gar hoch, aber wenn man Gefälligkeiten wie Drinks und zum Essen einladen miteinbezieht, dürfte der Prozentsatz um einiges höher als 14% liegen.
Die Talkshow "Menschen bei Meischberger" hätte da schon mehr Potenzial gehabt etwas aus der Sendung zu machen- trotz dem unglücklich gewählten Titel "Soll Prostitution verboten werden?". Ich zitiere mal einen Kritiker der Sendung: Dies aus heiterem Himmel zu fragen kommt der Frage gleich, "Sollen Menschenrechte nicht doch lieber abgeschafft werden?". Doch die Chance einer ernst zu nehmenden Diskussion wurde deftig in den Sand gesetzt, indem als Vertretung der Kundenseite ein selbsternannter "Playboy" namens Rolf Eden eingeladen wurde. So einem widerlichen Typ begegnet man selbst in den Medien selten. Doch damit lassen sich natürlich die weniger intelligenten Zuschauer schnell mal manipulieren. Mir ist glücklicherweise noch nie so einer begegnet, und wenn dann wäre das Treffen ziemlich schnell zu Ende..oder besser, würde gar nicht erst zustande kommen.
Eingeladen waren als weitere hervorzuhebende Gäste noch Frau Constabel, eine Sozialarbeiterin, welche seit langem mit Prostituierten zusammenarbeitet. Sie wirkte einigermassen reflektiert, gab auch zu dass es selbstbestimmte Sexarbeiterinnen gibt, befürwortet jedoch leider die Kriminalisierung von Kunden und benutzte erniedrigende Sprache wie "Frauen kaufen" (wer sich nicht nur oberflächlich mit dem schwedischen Modell befasst hat weiss, was für katastrophale Auswirkungen auf gerade die schlechter gestellten Frauen hat, welche es angeblich beschützen soll). Auch eine Sexarbeiterin, Frau K., war dabei. Sie arbeitet in einem Bordell, das explizit Discount-Service anbietet. Wegen ihrer bürgerlichen sozialen Situation wurde sie allerdings als "nicht die Norm" hingestellt- die Hausfrau, welche die Haushaltskasse so aufbessert sei die Ausnahme. Dazu gibt es einfach keine Statistiken. Wie soll man das denn auch zuverlässig untersuchen? In alle Privatwohnungen eindringen, um an den Teil der Sexarbeiterinnen ranzukommen, welche gemäss Schätzungen den grössten Teil ausmacht? Allgemein wird stets so viel behauptet, mit Prozentzahlen herumgeschmissen für die es KEINERLEI Anhaltspunkte gibt, und wenn nach wissenschaftlichen Statistiken gefragt wird, werden "Studien" mit 10 Beteiligten aus Ghetto-Vierteln und Einzelmeinungen hinzugezogen. Man könnte meinen, die Leute vom Fach hätten nie Forschungsmethoden gelernt. Oder die Journalisten verallgemeinern Forschungsergebnisse? Das ist es wohl eher. Download der Sendung
Und noch ein Link, auf den ich von lorimelon hingewiesen wurde: Streit um Prostitution vor Klimagipfel- Gratis-Sex für Delegierte
Und ein Interview mit der Sozialarbeiterin Nane Geel, welche mir sehr sympathisch ist: "Ich denke, dass das Bedürfnis nach Sexdienstleistungen auch ein Spiegel der sexuellen Leere in Beziehungen ist."
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